BAD RAPPENAU Brillanter kann man nicht aufs Weihnachtsfest einstimmen: Der Junge Kammerchor Rhein-Neckar schenkte am Samstagabend zusammen mit dem Karlsruher Barockorchester den Zuhörern in der übervollen Herz-Jesu-Kirche mit Bachs Magnificat D-Dur und Kantaten zum Advent ein Konzert der Extraklasse. Unter dem Dirigat von Mathias Rickert entfalteten Sänger und Musikanten eine emotional so stark berührende Klangpracht, dass der Schlussapplaus erst nach wenigen Minuten ergriffenen Schweigens losbrach, dann aber nicht enden wollte.
Kurze Sätze Unter dem Titel Magnificat hat Johann Sebastian Bach den Lobgesang der Maria aus dem Lukas-Evangeliums vertont. Das Werk entstand in seiner ersten Fassung in Es-Dur für die Weihnachtszeit 1723/24 und steht in Bachs Gesamtschaffen in seiner fünfstimmigen Vokalbesetzung einzig da. Die einzelnen Sätze sind ungewöhnlich kurz. Bach verteilte die lateinischen Verse des Gesanges auf Chöre- und Soloarien, wobei er auf Wiederholungen in Form von Da-Capo-Arien verzichtete. 1730 nahm er eine größere Umarbeitung vor, bei der er das Stück nach D-Dur transportierte und Harmonik und Melodik an einigen Stellen änderte. Diese Fassung ist klanglich reicher und wird heute fast ausschließlich aufgeführt. Fünf herausragende Solisten und das sehr beachtliche Karlsruher Barockorchester nahmen sich zusammen mit dem jungen Kammerchor des Magnificats in dieser Form an und unterstrichen in einer akribisch exakt geführten Gesamtleistung den feierlichen Charakter des Werks. Uberspringende jugendliche Begeisterung aller Interpreten gab der Aufführung zusätzlich Frische und Dynamik.
Akzente gesetzt Von den durchweg sehr überzeugenden Solisten sei zuerst Bassist Jan-Ole Lingsch genannt. Souverän, mit großem Volumen, sehr schöner Färbung und sicherer Führung seiner Stimme setzte der junge Sänger auch bei den Motetten „Nun komm, der Heiden Heiland“ und „Swingt freudig euch empor“ beachtliche Akzente. Gerd Bachmeier, zunächst ein wenig blass, entfaltete seinen lyrischen Tenor schließlich glänzend und sang Koloraturen ohne Verwischungen. Der klare Sopran Christina Schnoklakes überzeugte durch Sicherheit. Warm und edel kam der Alt Rachel Kugels rüber, und überraschend leicht, kristallrein und mühelos legte sich die Stimme des zweiten Soprans, Tanja Gehrig, über den homogenen Klangkörper.
Das Karlsruher Barockorchester spielt auf historischen Instrumenten. Der etwas herbe Klang mag für manchen Besucher zunächst gewöhnungsbedürftig gewesen sein, unterstrich aber letztlich den besonderen Reiz der Gesamtaufführung. Musiker und Sänger waren glänzend aufeinander eingespielt; ihre klangliche Prachtentfaltung wurde von der Akustik der Kirche fast ins Uberirdische erhöht.
Botschaft Pfarrer Gätschenberger sprach am Ende auf schlichte Weise das aus, was alle Besucher bewegte: „Sie haben die Botschaft des Advent auf großartige Weise herübergebracht.“