Zur feierlichen Tenebrae-Messe in der Klosterkirche historische Lieder dargeboten

rnz_lobenfeld_tenebrae_2011Lobbach-Lobenfeld. Am Palmsonntag herrschte in der Klosterkirche zu nächtlicher Stunde absolute Finsternis und Stille. Rund 150 Zuhörer waren in die musikalische Mette „Tenebrae" des Jungen Kammerchors Rhein-Neckar versunken. Die letzte von 14 weißen Kerzen am Tenebrae-Leuchter erlosch. Doch dann durchbrach der Lärm von Klapperinstrumenten die Stille, der das Schrecken oder das Erdbeben beim Tode Christi symbolisieren sollte. Wohl so, wie es vor über 800 Jahren im Lobenfelder Kloster bei den Zisterzienserinnen zu hören gewesen sein dürfte.

Tenebrae bedeutet „Schatten" und ist die Bezeichnung für die mittelalterlichen Finstermetten, die in Kirchen und Klöstern stattfanden. Allein die Vorstellung, dass in den dicken Sandsteinmauern der 1145 gebauten Klosterkirche St. Maria zu Lobenfeld das Beklagen des Todes Jesu so gesungen wurde, ließ Ehrfurcht aufkommen. Den Sängerinnen und Sängern vom Jungen Kammerchor war diese anspruchsvolle musikalische Mette in lateinischer Sprache mit großem Können gelungen. Gesang und Rituale lehnten sich an die ursprüngliche Liturgie an.

Eine jahrhundertealte Tradition lebte mit diesem Konzert nach den Lesungen aus den Klageliedern des Jeremia mit gregorianischen Gesängen, vertonten Psalmen und Lesungen wieder auf. Traditionell, so erklärte Chorleiter Mathias Rickert, wurde die Tenebrae-Mette an den drei Tagen Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag, beginnend ab Mitternacht, gehalten und bestand aus drei Nachtgebeten, den Nocturnen, denen am Ende das Morgengebet, die Laudes, folgte. Mit dem „Oratio Jeremiae prophetae" (Kloster Lorsch 12. Jahrhundert) brachte der Kammerchor nach nahezu 1000 Jahren dieses Lied wieder zum Vortrag.

Zu verdanken war dies auch Elmar Ullrich aus Lorsch, der alle Handschriften aus der ehemaligen Lorscher Klosterbibliothek untersucht hatte. Mit großer Akribie hatte er auf der Schrift des Heiligen Augustinus einen Text mit mittelalterlichen Notenzeichen entdeckt und diese rekonstruiert. In Zusammenarbeit mit Chorleiter Mathias Rickert wurden die Notenzeichen in heute gebräuchliche römische Choralneumen übertragen. Die Zuhörer bekamen vermittelt, wie diese Proheptenlesung im mittelalterlichen Kloster Lorsch erklungen haben mag. Mit wenigen Stimmen beginnend, hob der Chor bis zu achtstimmig bei „Jerusalem convertere" an, dieses Klagelied ging unter die Haut.

Eine Besonderheit folgte mit „Misere" von Gregorio Allegri (1582 – 1652) aus der Laudes, dem Morgengebet. Engelsgleiche Soprane erhoben sich in der einmaligen Akustik der Klosterkirche bei der Psalmvertonung von Allegri, die traditionell nur im Vatikan gesungen und dort wie ein Schatz verborgen wurde.

Das „Benedictus Dominus" – Lobgesang des Zacharias von Tomás Luis de Victoria (1548 bis 1611) stellte den Höhepunkt der Morgengebete und das Ende des Konzertes dar. Der Chor verstummte. Die Zuhörer durften am Ende dieser beeindruckenden Aufführung auf Wunsch des Chores nicht applaudieren, sondern verließen in aller Stille den Ort.

Foto: Trilsbach