Tenebrae bedeutet wörtlich übersetzt »Schatten« und war eine Bezeichnung für die mittelalterlichen »Finstermetten« der Karwoche. Traditionell wurde diese Tenebrae-Mette an den Nächten zu Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag gehalten.
Im Mittelpunkt des Konzertprogramms stehen Vertonungen der Klagelieder des Jeremia, unter anderem von Tomás Luis de Victoria und Thomas Tallis. Neben den fünf- bis achtstimmigen Werken werden originale gregorianische Choräle aus den klösterlichen Stundengebeten den Chor und seine Zuhörer mit auf eine musikalische Zeitreise nehmen. Als Höhepunkt wird das sagenumwobene »Miserere« von Gregorio Allegri zu hören sein, eine Vertonung des 50. Psalms, die zu den Karmetten im Vatikan gesungen und unter Androhung der Exkommunikation vor der Verbreitung geschützt wurde. Die Verse werden hier von einem Kapell- und einem Solochor wechselchörig vorgetragen. Es heißt, dass Mozart die streng gehütete Musik aus dem Gedächtnis niederschrieb und sie so auch außerhalb des Vatikans aufführbar machte. Eine kleine Sensation stellt außerdem eine erst kürzlich im Kloster Lorsch wieder entdeckte Handschrift eines Mönchs aus dem 12. Jahrhundert dar, die eigens für das Tenebrae-Programm in mühevoller Arbeit aus der mittelalterlichen Neumennotation rekonstruiert wurde. Die Stimmen des Jungen Kammerchors werden dieses Kleinod nach fast 1000 Jahren zum ersten Male wieder zum erklingen bringen und damit eine Vorstellung davon vermitteln, wie diese Prophetenlesung im mittelalterlichen Kloster Lorsch geklungen haben mag.
Die mittelalterliche Tenebrae-Mette bestand aus je drei Nachgebeten (die Nokturnen), denen am Ende das Morgengebet (die Laudes) folgte. Jede Nokturn wiederum enthielt drei Psalmen, drei Lesungen mit ihren drei zugehörigen Antwortgesängen (Responsorien). Das nächtliche Gebet zog sich somit über mehrere Stunden. Das geistliche Programm des Jungen Kammerchors lehnt sich in der Abfolge der Texte, in den verwendeten Gesangsformen und in den Ritualen an die ursprüngliche Liturgie der mittelalterlichen Tenebrae-Metten an.
Für Chorleiter Mathias Rickert stand bei der Konzeption des Konzertprogramms im Vordergrund, »den liturgischen Sinn und die Bezüge der einzelnen Texte untereinander zu erhalten und trotz der nötigen Kürzungen dem Zuhörer einen Eindruck der Gesamtwirkung zu geben, die eine solche Trauermette vor Jahrhunderten erzeugt haben mag. Zum Beispiel haben wir zwischen den zentralen Vertonungen für Chor die gregorianischen Gesänge des eigentlichen Stundengebetes eingefügt. Außerdem haben wir versucht die vielfältige Symbolik, die beispielsweise in der dreifachen Wiederholung aller liturgischen Elemente zum Ausdruck kommt, zu berücksichtigen.«
Die Konzerttermine und Anfahrtsbeschreibungen zu den Konzertorten finden Sie auf der Terminübersichtsseite. Der Eintritt zu den Konzerten ist frei.
Bildquelle: Wikimedia Commons, Benutzer »Bhuck«, CC-BY-SA 3.0